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Polizei
Stunde 00:00
Autor: Gerald Marek
Eingestellt am: 27.01.2007
Dieser Text im pdf-Format: Stunde_Null.pdf (45 kByte)
Der Mann lenkte den Wagen auf die Straße und beschleunigte mit einem kräftigen Tritt aufs Gaspedal. Er war allein im Fahrzeug. Sein Blick wanderte kontrollierend über die Anzeigen auf dem Armaturenbrett. Alles war in Ordnung, lediglich die Tanknadel zeigte knapp über Reserve. Aber das war nicht wichtig, denn die Fahrt sollte nicht lange dauern.
Der Stadtrand war erreicht und die Helligkeit der Straßenlampen wurde durch die Dunkelheit einer klaren Neumondnacht abgelöst. Die gerade noch farbenfrohe Umgebung der Leuchtreklamen musste einem Grau-in-Grau Platz machen, das nur durch die Lichtkegel der Scheinwerfer durchbrochen wurde. Das Radio war ausgeschaltet und bis auf die Fahrgeräusche war alles ruhig im Innenraum des Autos. Es herrschte wenig Verkehr und so konnte der Mann hinter dem Steuer ungestört seinen Gedanken nachgehen. An das Scharren der Radlager, das Klappern der Auspuff-Aufhängung oder das Knirschen der Stoßdämpfer hatte er sich längst gewöhnt und nahm es gar nicht mehr wahr. Richtig lästig war aber die neueste Macke seines Gefährts. Bei Erschütterungen, etwa hervorgerufen durch ein Schlagloch oder das Überqueren eines Randsteins, sprang die Beifahrertüre auf. Das Geld für die Reparatur des Türschlosses hatte er nicht und inzwischen war es ihm auch egal. Wie gesagt, es dauerte nicht mehr lang.
Alles, was ihm geblieben war, war diese Klapperkiste. 25 Jahre alt und fast 360.000 Kilometer auf dem Tacho. Den Rest hatten sie ihm weggenommen. Alles. Nur mit der Sporttasche, die gefüllt mit ein paar Habseligkeiten auf dem Rücksitz lag, hatte man ihn aus seinem eigenen Haus geworfen. Genauer gesagt, aus dem Haus, das bis vor kurzem noch sein eigenes gewesen war - zumindest zur Hälfte.
Die andere Hälfte hatte seiner Frau gehört, die allerdings wegen dieses verdammten Unfalls hilflos im Koma in einem Spital vor sich hin vegetierte. Ihre Ehe war kinderlos geblieben und so war diese menschliche Hülle, die einst seine große Liebe war, seine einzige Bezugsperson, die aber seit fünf Jahren die Decke des Krankenzimmers anstarrte und nicht auf seine Liebkosungen und seine Worte reagieren konnte.

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