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Polizei
Zu spät
Autor:
Eingestellt am: 25.07.2005
Seite 2 von 2

Ich denke an die Vorschriften. Ich darf ihm nichts sagen, denn der Tote könnte jeder sein. Aber nur der Sohn des Mannes vor mir hatte heute an dieser Stelle einen Unfall.
"Ich darf ihnen nichts sagen, wir wissen es nicht."
Unbewusst nicke ich. Blicke ihm in die Augen, er sieht mich an, kann in mir lesen, dass da unten sein Kind liegt. Er reißt die Arme in die Luft, scheint es erst jetzt zu verstehen. Er weint, schreit, schlägt um sich. Ich halte diesen mir völlig fremden Mann davon ab die Brücke runter zu springen. Sehe aus dem Augenwinkel, wie mich einige Fotographen mit ihrer Linse anvisieren. Halte ihn fest. Am nächsten Tag wird mein Vorgesetzter toben, weil ich mit einem türkischen Mitbürger im Arm und ohne Mütze in Großaufnahme im Express bin. Aber in dem Moment schien es mir das einzig Sinnvolle.
Sein Sohn steht versteinert daneben, scheint nur langsam zu verstehen was hier passiert. Ich fühle mich hilflos. Irgendwie schuldig. Plötzlich bricht er vor mir zusammen. Ich brülle die Brücke runter, keine Ahnung was ich geschrieen hab, aber irgendwer scheint mich verstanden zu haben. Drei Sanitäter und der Notarzt kommen angerannt. Kümmern sich um den Mann, der, wie ich später erfahre, nur knapp an einem Herzanfall vorbeischrammt.
Später:
Ich sitze neben seinem lebenden Sohn. Wir rauchen und lassen unsere Beine von der Brücke baumeln. Unten beruhigt sich langsam alles, die Leiche ist weg. Sanitäter und Notarzt auch. Meine Kollegen stehen noch herum und warten auf irgendwas. Keine Ahnung was, mein Funk funktioniert mal wieder nicht. Der Vater ist im Krankenhaus. Meine Mütze hängt schief auf meinem Kopf. Meine Haare stehen in alle Richtungen ab. Ich starre zum Sonnenuntergang.
"Scheiß Tag," sagt der junge Mann, der heute seinen Bruder verloren hat und beinebaumelnd neben mir sitzt. Ich nicke, atme den Rauch aus und reiche ihm einen meiner Immer-Dabei-Gute-Laune-Notfall-Kinderriegel. Eine Träne läuft durch sein Gesicht, als er in unseren Wagen steigt und wir ihn zu seinem Vater ins Krankenhaus fahren.


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Henry Miller, aus einem Interview in den 60-iger Jahren
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