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Artikel in Rheinischer Merkur vom 24.06.2010:

LITERATUR IM INTERNET

Was reimt sich auf Demo?

Tatort Wirklichkeit: Auf „Polizei-poeten.de“ verdichten Ordnungshüter ihre Alltagserfahrungen zwischen Lebensgefahr und Langeweile.

VON UTE GRUNDMANN

Poetisch ist ihr Alltag eher selten und ob sie sich am Ende auf alles einen Reim machen können, ist nicht klar. Gerade deswegen haben Polizisten, die über ihren Berufsalltag schreiben, ihre Webseite Polizei-poeten.de genannt. Etwa 200 Polizei-Autoren quer durch Deutschland steuern ihre Texte bei. Obwohl täglich TV-Kommissare vor einem Millionenpublikum ermitteln, bleibt in den Medien vieles zum Thema Polizistenalltag ungesagt. „Zähflüssig tropft die Zeit vom Zifferblatt“, beschreibt ein Autor die Eintönigkeit der Nachtschicht. Viel häufiger greifen sie Berufserlebnisse auf, die ihnen unter die Haut gegangen sind. Volker Uhl hat die Webseite initiiert. Er erklärt sein eigenes Schreiben als „einen schleichenden Prozess“. Dass er einen herausfordernden Beruf hat, wusste er zwar schon, bevor er seine Gedanken digital erfasste, aber das Dichten zwang ihn, noch stärker über sein Tun nachzudenken. Uhl ist Kriminalhauptkommissar und stellvertretender Leiter der Koordinierungsstelle für Konflikthandhabung und Krisenmanagement an der Akademie der Polizei Baden-Württemberg in Freiburg. In eigenen und bald auch Texten anderer Polizeikollegen wollte und will er „menschliche Blicke auf Geschehnisse geben, die ich als Bürger nicht erlebe“. Auch solle am „John-Wayne-Syndrom“ gekratzt werden, sagt er. Noch gebe es die Erwartung, dass einen Polizisten gar nichts umwerfen könne.

Dass auch die Menschen in Uniform Gefühle umtreiben, zeigen die Polizisten-Texte auf unterschiedliche Weise: Da gibt es die Innenansicht einer Polizeikette, die in Gorleben Demonstranten, Steinewerfern und Katapultschützen gegenübersteht. Da beschreibt ein Polizist im Fußballmilieu seinen Alltag, ein anderer braucht nicht mal zwei Seiten für die Erfahrungen bei einem tödlichen Verkehrsunfall.
Es gibt Viel- und Wenigschreiber unter den beteiligten Polizisten, Reportagen in Ichform, die mal lakonisch, mal sehr nachdenklich daherkommen. Ina Lusiak, Kriminaloberkommissarin in Dortmund und derzeit bei der Kripo in der Abteilung Kinderpornografie tätig, war froh, sich die Geschichte über ihr „schönstes, aufregendstes Erlebnis“ von der Seele zu schreiben: „Einem Menschen das Leben zu retten ist für mich, so wie für viele andere Menschen, das Größte. Den meisten Polizisten passiert es nie, ich durfte das schon in der Ausbildung erleben.“ Sie wünscht sich, dass die Polizeipoeten bekannter wären, nicht nur der Texte, sondern des Images wegen. „Mich stört diese negative Berichterstattung zur Polizei, wir sind keine Schläger“, kritisiert sie.
Pascal Bachmann dagegen, der in Landau als Streifenpolizist unterwegs ist, formuliert weniger politische Ansprüche. Er hat sich für seine Werke „rausgepickt, was die Leute vielleicht interessiert, nichts, was mich heute noch um den Schlaf bringt“. Interesse am Schreiben hatte der 27-Jährige schon in der Oberstufe, und auf der Suche nach Schreibworkshops stieß er auf Polizei-poeten.de. An solchen Wochenendtreffen nimmt er immer noch gerne teil, weil man Kollegen treffe und Tipps bekomme. Ganz auf die Seite der Dichter wechseln will er nicht, auch wenn er einen Roman anpeilt. „Ich bin auch gerne Polizist“, bekennt er, „ich habe den richtigen Beruf gewählt.“
Ein ganzes Buch dagegen ist es bei Bernhard Hatterscheidt geworden. „Mörderischer Fasteloovend“ gibt es als Text auf der Webseite und seit einigen Wochen als Print-on-Demand-Ausgabe, die nicht nur per Mundpropaganda, sondern jetzt auch über Grossisten vertrieben wird. Für die richtigen O-Töne des Falls, der im Kölner Karneval spielt, holte er sich Rat beim Ko-Autor Ludwig Kroner, in der Kripo-Seelsorge tätig und „Spezialist für Mundart-Gottesdienste“, wie er sich auf der Webseite vorstellt. Für Bernhard Hatterscheidt, der von der Kölner Mordkommission zum Bereich „Beamtenermittlung“ gewechselt hat, gibt es „keine Todesart, die ich noch nicht gesehen habe“, und nach den vielen Krimis, die er selbst gelesen hat, wollte er selber mal einen schreiben. Der sollte nah an der Realität sein, aber es war auch wichtig, „dass sich niemand wiedererkennen kann“. Er will mit seinem Schreiben „nichts verarbeiten, auch nichts bewältigen, sondern einfach einen spannenden Krimi bieten, der den Lesern gefällt“. Inzwischen hat er eine eigene Webseite, die zeigt, dass es kein gewöhnlicher Kriminalroman, sondern ein „Kriminalistenroman“ ist.
Bisweilen ist es nötig, die Beteiligten unkenntlich zu machen. „Textinhalte, deren Details unter die Amtsverschwiegenheit fallen, können nicht veröffentlicht werden“, stellt die Website klar. Und für Polizistinnen und Polizisten, die nicht unter ihrem Namen auftreten können oder wollen, wurde das Pseudonym „Robert(a) Zimmermann“ geschaffen. Doch die meisten Polizeibeamten bekennen sich offen zu ihren Werken. Der Leipziger Streifenpolizist Ralf Hammer erzählt, dass es ihm oft schwerfällt, über seinen Alltag zu sprechen. „Einiges kann oder möchte ich einfach niemandem sagen, manchmal findet man erst beim Schreiben die richtigen Worte.“ Für ihn ist die Suche nach der treffenden Formulierung auch das Gegenstück zu „einer sehr skurrilen Schreibkultur“ der Polizeiberichte, die man ohne jeden emotionalen Bezug verfassen müsse. Hammer möchte mit seinen Texten beweisen, „dass ich nicht ein oberflächlich denkender Mensch bin, sondern dass auch viele Dinge in meinem Kopf herumspuken“.
Solche Einblicke in den Polizistenalltag vermittelt nicht nur die der Webseite. Mittlerweile hat sich eine ganze Poeten-Produktpalette herausgebildet: Es gibt „Tat(w)ort“-Lesungen, zwei Hörbuch-CDs und vier Taschenbücher der erzählenden Polizistinnen und Polizisten, die im Piper Verlag erschienen sind. Die Titel zeigen, worum es bei dieser Art des Schreibens (auch) geht: „Die erste Leiche vergisst man nicht“ oder „Jeden Tag den Tod vor Augen“. Volker Uhl, der auch Herausgeber dieser Anthologien ist, geht es aber noch um etwas anderes: „Wir wollen auch das zeigen, was wir Polizisten gut schaffen.“
Internet: www.polizei-poeten.de, www.kriminalistenroman.de

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